Zur Entstehungsgeschichte der "BELL-HILLER-Steuerung"
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Sehr geehrter Herr Schlüter,
im Bericht ROTOR 11/2008 über das Treffen in Bückeburg zum 40sten Jahrestag des ersten Heli-Wettbewerbs steht, dass eine "Huey" von Herrn Biesterfeld mit einem vorbildähnlichen Zweiblatt-Rotorsystem ausgestattet war, das in abgewandelter Form als "Bell-Hiller-System" bis heute weit verbreitet ist.
Das "Bell-Hiller-System" haben doch angeblich Sie erstmals anfang der siebziger Jahre "erfunden", oder?
Was sagen Sie dazu ?
 
Meine Antwort:
 
Die Aussage in dem angesprochenen Artikel ist falsch.
Herr Biesterfeld verwendete 1968 in Harsewinkel einen originalen Nachbau der aus der Großhubschrauberei bekannte BELL-Steuerung. Seine Konstruktion hatte keinerlei Merkmale der damals ebenfalls aus der Großhubschrauberei bekannten HILLER-Steuerung.
 
Zur Unterscheidung:

Das BELL-System hat unprofilierte und unbewegliche Gewichte an einer starren, um den Rotor herumlaufenden und nicht verdrehbaren Stabilisierungsstange. Die Stabilisierungsstange dient ausschließlich der Stabilisation und ihre Lage kann nicht kontrolliert oder durch Steuerung beeinflusst werden.

Das HILLER-System verwendet ebenfalls eine um den Rotor herumlaufende und nicht verdrehbare Stabilisierungsstange die aber statt der Gewichte mit einzeln verstellbaren Steuerflügel versehen ist. Hier kann durch die Verstellung dieser Steuerflügel die Lage der Stabilisierungsstange kontrolliert geändert werden
 
Zu meiner Entwicklung:

Ende 1969 erhielt mein ebenfalls nachgebautes, relativ stabiles aber nicht steuerbares Bell-System statt der Gewichte die von HILLER bekannten Steuerflügel die ich, ähnlich wie HILLER, zyklisch verstellbar machte.

Mit dieser Steuerung konnte ich zum Jahreswechsel 1969/1970 erstmals längere kontrollierte Flüge machen. Dabei verzichtete ich auf die Nutzung der kollektiven Blattverstellung und steuerte das Heben und Senken des Modells ausschließlich über die Drehzahlregelung.
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Diese Flüge waren, jedenfalls aus meiner Sicht, die eigentliche Geburtsstunde der Anwendung einer Rotorsteuerung durch die "BELL-HILLER-Mischung".
 
Allerdings:

Als ich merkte, dass das Heben/Senken mit Drehzahlregelung bestens funktioniert und ich die kollektive Blattverstellung fast nie nutzte, vereinfachte ich die ganze Steuerung und verzichtete stufenweise völlig auf die nicht mehr zwingend notwendige kollektive Blattverstellung.

Zum Steuern diente zum Ende dieser Reduzierungen dann nur noch eine mit Steuerflügeln versehene, durchgehende und drehbare Stabilisierungsstange.

Dadurch ergab sich eine erhebliche Vereinfachung der gesamten Konstruktion und ein automatischer Gewichts- und Kräfteausgleich zwischen den Steuerflügeln.

Das finale Ergebnis war die verblüffend einfache Mechanik meines weltweit ersten wirklich steuerbaren RC-Hubschraubers und der wesentliche Inhalt meiner ersten Patentanmeldung im September 1970.
 
Erst einige Jahre später, als allgemein mehr Flugerfahrung vorhanden war und die Ansprüche an die Steuerbarkeit größer wurden und vor allem das Drehmoment (durch mechanischen Ausgleich und Heckrotorkreisel) halbwegs beherrschbar wurde setzte ich wieder die kollektive Blattverstellung und die Mischung meiner inzwischen ausgereiften einfachen Steuerung mit dem BELL-System ein.

Herausgekommen ist dabei eine BELL-Stabilisierung in Kombination mit der durchgehenden und verdrehbaren Stabilisierungsstange nach SCHLÜTER mit Steuerflügeln nach System HILLER, heute kurz "Bell-Hiller-Mix" genannt.

Dieses von mir entwickelte System ist noch heute weit verbreitet.

Freundliche Grüße,
Dieter Schlüter.

Zum diesem  Thema finden Sie auch Beiträge auf meiner Internetseite www.dieterschlueter.de
bei > Alles über RC-Hubschrauber > Von den Anfängen ... > Die Probleme und ihre Lösung
und bei > Antworten auf Leserfragen > Patentstreit mit der Fa. Franz Kavan Nürnberg.


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